Der tiefe Fall eines gefürchteten Anwalts
In den Achtzigern verführte er Teenager zum Rechtsbruch, um sie anschließend bei der Polizei anzuzeigen. In den Neunzigern überzog er Internet-Benutzer massenhaft mit Abmahnungen. Nun ist der gefürchtete deutsche Rechtsanwalt Günter Freiherr von Gravenreuth selbst über das Gesetz gestolpert.
Das unmoralische Angebot kam per Post. Am 10. November 1992 erhielt Martin einen Brief von der 15-jährigen Tanja, daran angehängt: Das Foto eines hübschen jungen Mädchens. Sie tanze gerne, liebe Bummeln, und ihre Eltern hätten immer schlechte Laune. Dann kam sie rasch zum Punkt: "Vielleicht können wir ja ein paar Programme tauschen oder einfach kopieren", schlug sie dem Teenager vor.
Anfang der Neunziger Jahre galten Raubkopien von Programmen noch als lässliches Kavaliersdelikt, und wurden über Kontaktanzeigen in Computerzeitschriften massenhaft getauscht. In einer Zeitung hatte auch Martin inseriert, und auf die Anzeige hin den Brief von Tanja Nolte erhalten. Tatsächlich war Tanja nicht fünfzehn, sondern 44 Jahre alt, und hieß Günter Freiherr von Gravenreuth. Der Rechtsanwalt aus Bayern hatte zig solcher Briefe an pubertierende Burschen verschickt. Wenn sie die bestellten Raubkopien an Tanja schickten, schnappte die Falle zu. Der Anwalt Gravenreuth mahnte den Verstoß gegen das Urhebergesetz ab, und forderte für seine Tätigkeit stattliche Gebühren in Höhe von umgerechnet rund 1000 Euro. Wenn jemand nicht zahlte, flatterte ein paar Tage später eine Anzeige der Polizei ins Haus.
Die Tanja-Briefe machten Gravenreuth zum gefürchteten Hass-Objekt der damals noch kleinen Enklave von Computerfreaks. Die Kritik, er habe Teenager zum Rechtsbruch verführt, um sie anschließend knallhart abzuziehen, wies er immer zurück.
Als der Trick mit den Lockbriefe sich rumgesprochen hatte, wurde es kurzzeitig still um Gravenreuth. Ein paar Jahre später war er wieder voll da. Nun mahnte er vorzugsweise Firmen ab, die Produkte vertrieben, in deren Namen Worte wie "Rainbow" oder "Explorer" vorkamen. Die Republik erlebte die erste Abmahnwelle, der Rechtsanwalt kassierte fleißig Gebühren.
Nach der Jahrtausendwende geriet Gravenreuth, der immer so virtuos mit dem Gesetz jongliert hatte, plötzlich selbst mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt. Er kassierte im Jahr 2000 eine Geldstrafe wegen Urkundenfälschung, später wurde gegen ihn wegen Veruntreuung von Mandantengeldern ermittelt. Vor zwei Jahren schließlich legte er sich mit der Berliner Tageszeitung taz an. Nachdem er die Zeitung wegen eines angeblich erhaltenen Newsletters abgemahnt hatte, versuchte er noch, deren Internet-Domain "taz.de" pfänden zu lassen. Damit hatte er den Bogen überspannt. Die Zeitung wehrte sich vor Gericht und bekam Recht. Die Richter attestierten dem Rechtsanwalt, dass er den Unterschied zwischen Recht und Unrecht schon lange nicht mehr kannte. Das Urteil: 14 Monate Haft, ohne Bewährung wegen vollendeten Betruges. Der taz war das eine Meldung wert: Am 6. Februar berichtete sie, das Urteil sei rechtskräftig. In Internetforen wird nun spöttisch frohlockt: Der einst gefürchtete Günter Freiherr von Gravenreuth muss ins Gefängnis.
Das unmoralische Angebot kam per Post. Am 10. November 1992 erhielt Martin einen Brief von der 15-jährigen Tanja, daran angehängt: Das Foto eines hübschen jungen Mädchens. Sie tanze gerne, liebe Bummeln, und ihre Eltern hätten immer schlechte Laune. Dann kam sie rasch zum Punkt: "Vielleicht können wir ja ein paar Programme tauschen oder einfach kopieren", schlug sie dem Teenager vor.
Anfang der Neunziger Jahre galten Raubkopien von Programmen noch als lässliches Kavaliersdelikt, und wurden über Kontaktanzeigen in Computerzeitschriften massenhaft getauscht. In einer Zeitung hatte auch Martin inseriert, und auf die Anzeige hin den Brief von Tanja Nolte erhalten. Tatsächlich war Tanja nicht fünfzehn, sondern 44 Jahre alt, und hieß Günter Freiherr von Gravenreuth. Der Rechtsanwalt aus Bayern hatte zig solcher Briefe an pubertierende Burschen verschickt. Wenn sie die bestellten Raubkopien an Tanja schickten, schnappte die Falle zu. Der Anwalt Gravenreuth mahnte den Verstoß gegen das Urhebergesetz ab, und forderte für seine Tätigkeit stattliche Gebühren in Höhe von umgerechnet rund 1000 Euro. Wenn jemand nicht zahlte, flatterte ein paar Tage später eine Anzeige der Polizei ins Haus.
Die Tanja-Briefe machten Gravenreuth zum gefürchteten Hass-Objekt der damals noch kleinen Enklave von Computerfreaks. Die Kritik, er habe Teenager zum Rechtsbruch verführt, um sie anschließend knallhart abzuziehen, wies er immer zurück.
Als der Trick mit den Lockbriefe sich rumgesprochen hatte, wurde es kurzzeitig still um Gravenreuth. Ein paar Jahre später war er wieder voll da. Nun mahnte er vorzugsweise Firmen ab, die Produkte vertrieben, in deren Namen Worte wie "Rainbow" oder "Explorer" vorkamen. Die Republik erlebte die erste Abmahnwelle, der Rechtsanwalt kassierte fleißig Gebühren.
Nach der Jahrtausendwende geriet Gravenreuth, der immer so virtuos mit dem Gesetz jongliert hatte, plötzlich selbst mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt. Er kassierte im Jahr 2000 eine Geldstrafe wegen Urkundenfälschung, später wurde gegen ihn wegen Veruntreuung von Mandantengeldern ermittelt. Vor zwei Jahren schließlich legte er sich mit der Berliner Tageszeitung taz an. Nachdem er die Zeitung wegen eines angeblich erhaltenen Newsletters abgemahnt hatte, versuchte er noch, deren Internet-Domain "taz.de" pfänden zu lassen. Damit hatte er den Bogen überspannt. Die Zeitung wehrte sich vor Gericht und bekam Recht. Die Richter attestierten dem Rechtsanwalt, dass er den Unterschied zwischen Recht und Unrecht schon lange nicht mehr kannte. Das Urteil: 14 Monate Haft, ohne Bewährung wegen vollendeten Betruges. Der taz war das eine Meldung wert: Am 6. Februar berichtete sie, das Urteil sei rechtskräftig. In Internetforen wird nun spöttisch frohlockt: Der einst gefürchtete Günter Freiherr von Gravenreuth muss ins Gefängnis.
misha - 7. Feb, 21:27
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